Kritiken zum Film:
DANOWSKI - Blutapfel
2019-11-14: Titelbach.tv
von Tilmann P. Gangloff
Das ZDF plant derzeit keine weiteren Filme mit Milan Peschel als hypersensiblem Hamburger Kommissar Danowski, und das ist eine bedauerliche Nachricht: weil „Blutapfel“ (all-in-production) große Lust auf mehr macht. Der zerknitterte Titelheld unterscheidet sich schon allein durch sein glückliches Familienleben von praktisch allen anderen TV-Kommissaren. Der Film basiert auf dem gleichnamigen Roman von Till Raether und erzählt eine komplett undurchsichtige Geschichte. Vordergründig geht es darum, einen Mord im Elbtunnel aufzuklären, aber im Hintergrund mischen auch BND und CIA mit. Weil außerdem „Urban Explorer“, moderne Großstadtabenteurer, eine große Rolle spielen, konnte Regisseur Markus Imboden an vielen ungewöhnlichen Schauplätzen drehen. Sehenswert ist der Krimi nicht zuletzt wegen des beiläufigen Humors und der Ansammlung schräger Figuren.Adam Danowski ist schon ein ziemlich ungewöhnlicher TV-Ermittler. Reihenkommissare sind in der Regel notorische Einzelgänger, die ausschließlich für den Beruf leben; ihre sozialen Kontakte reduzieren sich auf den beruflichen Partner. Wenn sie Eltern sind, dann allenfalls in Teilzeit. Kommissar Danowski ist zwar etwas zerknittert, aber glücklich verheiratet und hat zwei sympathische Töchter. Außerdem wird er von Milan Peschel verkörpert; schon allein das macht den Hamburger Polizisten zu einer besonderen Figur. Zusätzlich zum Oberlippenbart zeichnet ihn ein weiteres Merkmal aus: Er leidet unter gesteigerter Wahrnehmungsfähigkeit. Diese Hypersensibilität hat zur Folge, dass er lernen muss, die Umwelteindrücke zu filtern, weil sonst sein System kollabiert. Rosinen sollen seine Achtsamkeit erhöhen, was Peschel neben gelegentlichen kleinen Missgeschicken zu weiteren witzigen Momenten nutzt.
Ausgedacht hat sich den ungewöhnlichen Ermittler nicht etwa Anna Tebbe (das Drehbuch-Pseudonym von Produzentin Annette Reeker), sondern Till Raether. Der Krimischriftsteller hat fünf Romane über Adam Danowski geschrieben. Angesichts des vermeintlichen Reihentitels ist es umso erstaunlicher, dass beim ZDF derzeit keine weiteren Adaptionen geplant sind; dabei macht „Blutapfel“ große Lust auf mehr. Bei ihren Taunus-Krimis nach Nele Neuhaus hat Reeker stets mit Marcus O. Rosenmüller zusammengearbeitet. Diesmal führt der Schweizer Markus Imboden Regie. Der zweifache Grimme-Preisträger („Mörder auf Amrum“ /„Ausgerechnet Zoé“) hat eine ganze Reihe großartiger Krimis nach Drehbüchern von Holger Karsten Schmidt gedreht, allen voran die mitunter recht makabren Finn-Zehender-Filme mit Hinnerk Schönemann. „Blutapfel“ überrascht ebenfalls immer wieder mit einem etwas bizarren Humor, für den auf unnachahmliche Weise vor allem Peschel sorgt.
Ansonsten deutet jedoch schon die satte Farbgebung an, dass der Film eine andere Richtung einschlägt als die stellenweise knallharten Schmidt-Geschichten, selbst wenn der Prolog erst mal Action verspricht: Hamburg, Hafen, triste Szenerie, ein Schuss zerreißt die Stille; selbst der Titel zuckt zusammen. Später wird die mutmaßliche Schützin im Präsidium auftauchen: Die Firma der in Deutschland aufgewachsenen Amerikanerin Tracy Harris (Isabella Parkinson) versorgt die Hamburger Polizei mit kleinen Körperkameras, deren Aufnahmen helfen sollen, die Einsätze zu analysieren. Was sie und ihr junger Kollege, der zu Beginn die Leiche entsorgt, mit dem Fall zu tun haben, erschließt sich zumindest nicht auf Anhieb. Beide Rollen sind jedoch ausgesprochen interessant; dem charismatischen Marc Benjamin genügen ohnehin zwei kurze Szenen, um einen bleibenden Eindruck zu hinterlassen. Der rätselhafte Auftakt wird sich allerdings wie ein Fragezeichen durch die Geschichte ziehen.
Der Film erweckt ohnehin den Eindruck, die Figuren hätten es Reeker mehr angetan als der Fall, zumal sich die Auflösung eines Mordes im Elbtunnel am Ende als vergleichsweise simpel entpuppt. Danowskis Kollegen fallen ebenfalls aus dem Rahmen, allen voran sein Freund und Ex-Partner „Finzi“, ein Alkoholiker, der sich nach überstandener Entziehungskur mit kleinen Schritten in den Dienst zurückarbeitet; Andreas Döhler genügen Nuancen, um den seltsamen Vogel zum Sympathieträger zu machen. Antagonist des Duos ist Kommissar Behling (Felix Goeser), der in jedem Delikt den Auftakt zu einem Bandenkrieg sieht; später wird ihm der Film eine süffisante Quittung für seine Großkotzigkeit verpassen. Die einzige normale Ermittlerin ist Danowskis neue Partnerin. Dass Meta (Emily Cox) ein bisschen redselig ist, macht überhaupt nichts, denn die Dialoge machen gleichfalls großen Spaß.
Neben dem Sammelsurium interessanter Rollen und der besonderen Musik verdeutlicht auch die bilderreiche und entsprechend aufwändig wirkende Verpackung, dass den Verantwortlichen ein spezieller Film vorschwebte. Imboden und Kameramann Martin Farkas verzichten auf das fernsehübliche Hamburg und zeigen die Hansestadt ähnlich wie die Craig-Russel-Verfilmungen der ARD-Tochter Degeto (allen voran „Blutadler“) von einer ganz anderen Seite: Der Reiz der Handlung resultiert nicht zuletzt aus dem „Urban Exploration“-Phänomen. Urban Explorer sind moderne Abenteurer, die sich einen Wettbewerb darin liefern, Industrie-Ruinen und Unterwelt zu erkunden. Wer als erster einen spannenden Ort entdeckt, hinterlässt seine Signatur. Auf diese Weise gibt es eine Reihe pittoresker Schauplätze, zumal die Röhren des Elbtunnels und die Überwachungszentrale nicht minder faszinierende Drehorte sind. Der Mord hingegen bleibt lange Zeit ein Rätsel, zumal das Opfer, Oliver Wiebusch (eine Minirolle für Peter Schneider), von seinen Nachbarn als stets hilfsbereite „Seele der Siedlung“ bezeichnet wird. Zu diesem Zeitpunkt hat Danowski jedoch weder das High-Tech-Versteck in Wiebuschs Keller gefunden noch weiß er, was es mit der Operation „Blutapfel“ auf sich hat; ganz zu schweigen von der Erkenntnis, dass im Hintergrund BND und CIA mitmischen.
2019-11-15: Weser-Kurier
von Wilfried Geldner
Ein Kommissar gegen alle WidrigkeitenEin Stau im Hamburger Elbtunnel. Adam Danowski vom LKA ermittelt vor Ort, nicht ohne Grauen: Was wäre, wenn die Tunneldecke Risse bekäme, wie lange hält man es in so einem Tunnel ohne Panik aus? Danowski (Milan Peschel) löst gegen alle Widerstände den in Hamburgs Unterwelt spielenden Fall.
Adam Danowski, Kriminalkommissar beim Hamburger LKA, ist fortan zweifellos der spannendste Kommissar des deutschen Fernsehens. Wenn er so unwiderstehlich durch seine Brille lugt und alles mit einem kaum sichtbaren Anflug von Lächeln sagt, ist Danowski, gespielt von Milan Peschel, unwiderstehlich. Till Raether, der Autor der gedruckten Krimireihe, nach deren (zweiter) Folge der Krimi „Blutapfel“ gedreht ist, hat ihm einen wunderbaren, noch in seinen Absurditäten stimmigen Charakter gegeben. Adam Danoski leidet unter Hypersensibilität. Er kann sich nur schwer auf eine Sache konzentrieren, zu viel wirkt auf ihn ein. Lange dachten er und Leslie, seine Frau (Bettina Stucky), ein Gehirntumor würde die Ursache dieser psychischen Schwäche sein.
Hoffen auf weitere Fälle
Als im Elbtunnel in einem Stau in einem Auto eine Bombe explodiert, bleibt Adam skeptisch. Ganz anders als sein schlicht gestrickter Vorgesetzter Behling (Felix Groeser), der sofort auf das Werk irgendwelcher Kiezbanden tippt und damit voreilig mehrere schwer bewaffnete Einsatzkommandos mobilisiert, um am Ende einen überraschten Pizzalieferanten vorzufinden. Klar, dass da Adam verhohlen feixt.
Oliver Wiebusch, der Tote, war ein unbescholtener Informatiker, der am Hamburger Stadtrand lebte, in einer Backstein-Geistersiedlung. Adam findet das schnell heraus. Ebenso, dass Wiebusch „die Seele der Siedlung“ war, wie die zum Verhör angetretenen Nachbarn sagen. Seinen Nachbarn schenkte er Autofelgen oder er schnitt ihnen die Titel-gebenden Kunstapfelbäume zurecht, deren Früchte man „Blutäpfel“ nennt. Doch warum musste Wiebusch sterben? Wurde er mit einem anderen verwechselt, wurde er Opfer eines Bandenkriegs? Ohne hier einer Lösung vorgreifen zu wollen, muss man anmerken, dass der eigentliche Plot, innerhalb dessen es noch weitere Tote gibt, einigermaßen schwächelt. Mit der Sprachlust, mit dem parodistischen Witz, den Peschel und die Drehbuchautorin Anna Tebbe ihren Figuren geben, hält die allzu verschrobene Story nicht recht mit. Wenn sogenannte „Urban Explorer“, die süchtig nach der Entdeckung unentdeckter oder vergessener Bauten sind, mit seltsamen Geheimdienstinteressen und horribler Videoüberwachung im Darknet aufeinandertreffen, schlägt die Phantasie zu viele Volten. Aber an den Hafen Hamburg-Bildern (Kamera: Martin Farkas), dem erlesenen Cast und den bis in die Vorstadt-Familien hinein mit selten gesehener Sorgfalt inszenierten Szenen hat man bis zuletzt seine ungetrübte Freude. Da heißt es, auf weitere Fälle mit diesem herrlich schrulligen Herrn Danowski hoffen.
2019-11: TVspielfilm.de
Originell, schräg und ungemein sympathischnach dem Roman von Till Raether: Milan Peschel ermittelt als hypersensibler Hamburger Kommissar Adam Danowski.
Ein Schussopfer und kein Zweifel: „Kiez!“, weiß Ermittler Knud Behling (Felix Goeser), als im Elbtunnel der tote IT-Mann Oliver Wiebusch gefunden wird. Für Behling steht fest: Wiebusch war in einen Bandenkrieg geraten. Kommissar Adam Danowski (Peschel), der gerade an der Diagnose seiner Hypersensibilität zu knabbern hat, folgt einer anderen Spur: Wiebusch hatte Verbindungen zur Urban-Explorer-Szene, deren Mitglieder verlassene Orte wie Geheimschächte und Industrieruinen erkunden. Auch im Elbtunnel finden der Kommissar und seine Kollegin Meta Jurkschat (Emily Cox) einen versteckten Versorgungsschacht. Außerdem stellt sich heraus, dass Wiebusch in der Szene einen Feind namens „Trickster“ hatte… Er ist hypersensibel, will eigentlich Teilzeit arbeiten und erdet sich mithilfe einer Rosine: In seinem Filmdebüt lernen wir Danowski als schrägen und zugleich angenehm zurückhaltenden Ermittler kennen, der Milan Peschel auf den Leib geschrieben scheint. Die spannende Story setzt „Tatort“-Regisseur Markus Imboden vor der Kulisse verlassener Hafenanlagen mit viel urbanem Charme in Szene. Ein Einstand, der große Lust auf mehr macht.
2019-12-09: Frankfurter Allgemeine
von Michael Hanfeld
Das ZDF stellt einen Kommissar vor, von dem wir gern mehr sähen: In „Danowski – Blutapfel“ lernen die Zuschauer einen Ermittler kennen, dessen „Columbo“-hafter Ermittlungsstil Wiederholungsbedarf hat.Der Film beginnt mit einem furiosen Bilderrätsel. Ein Schuss fällt, dann ein zweiter. Ein Mann wirft sich eine Leiche über die Schulter und trägt sie aus einem Schiffscontainer am Hafen. Eine Frau gibt ihm Kommandos. Die beiden sprechen Englisch. Ein Dritter beobachtet die Szene und flieht. Der Erste setzt ihm nach. Die Verfolgungsjagd endet im Dunkel. Einen Schnitt später massakriert jemand in einer tristen Vorortsiedlung spätabends einen Blutapfelbaum und schneidet sich in den Finger. Am nächsten Morgen wird der Baumbeschneider in seinem Wagen im Elbtunnel erschossen. Auftritt Kommissar Adam Danowski (Milan Peschel).
Mit dieser coolen Exposition, exzellent fotografiert von dem Kameramann Martin Farkas, beginnt der Krimi „Danowski – Blutapfel“. Er fordert von Beginn an hohe Aufmerksamkeit und stiftet Verwirrung, die bis zum Ende anhalten wird. Hin und her geht es in der Handlung und der Vorstellung der Figuren. Den zerknautschten Kommissar erleben wir im Gespräch mit seiner Therapeutin, die ihm sagt, er solle all die Eindrücke wahrnehmen, aber nicht an sich heranlassen. Wir erleben ihn mit seiner quirligen Familie und im Gespräch mit Verdächtigen, die er scheinbar Zusammenhangloses fragt.
Am Tatort und im Büro spielt sich Kollege Knud Behling (Felix Boeser) gerade als neuer Boss auf und leiert eine Mafia-Großfahndung an, die in peinlichem Chaos mündet. Die junge Kommissarin Meta Jurkschat (Emily Cox) hält es indes beim geplanten Zugriff mit angerücktem SEK nicht in der ihr und Danowski zugeordneten Warteposition aus. Danowskis Partner Andreas „Finzi“ Finzel (Andreas Döhler) wiederum liegt in der Entzugsklinik apathisch auf der Pritsche und lässt sich von Danowski betexten.
Streuobstwiese oder Schmauchspursicherung?
Wegen andauernder Kopfschmerzen dachte Danowski, er habe einen Tumor im Kopf, dabei ist er nur hypersensibel. „Das bedeutet, dass zu viele Eindrücke ungehindert auf mich einstürmen“, erklärt er seinem Partner Finzi, als der wieder zu sich gekommen ist, „und ich Mühe habe, die zu ordnen und zu verarbeiten. Deswegen bin ich oft mehr gestresst als andere, überfordert. Meine Festplatte läuft heiß. Zu viel Information. Verstehst du? Das System kollabiert.“
Milan Peschel rattert solche Sätze mit einer Beiläufigkeit im Stakkato herunter, dass es die reine Freude ist, den Dialogen, welche die Produzentin Annette Reeker unter ihrem Pseudonym Anna Tebbe ins Drehbuch aufgenommen hat, zu folgen. Sie zeugen von trockenem Witz, mit dem die Figuren ihren Alltag bewältigen, in dem die Bedrohung real, aber nicht fassbar ist, und in dem es an sich so viel zu lachen nicht gibt. Doch bevor es für Danowski an einem weiteren Tag darum geht, Verbrechen aufzuklären, kann es nicht schaden, mit seiner Frau Leslie (Bettina Stucky) und den beiden Töchtern beim Frühstück darüber zu philosophieren, welches das schönste Wort der deutschen Sprache ist: Streuobstwiese, Käsestulle oder Schmauchspursicherung?
So haben wir Hamburgs Unterwelt noch nicht gesehen
Ausgedacht hat sich diesen und die anderen Typen der Journalist und Schriftsteller Till Raether. Er hat inzwischen mehrere Krimis mit seinem Kommissar Danowski veröffentlicht und sich mit der Figur, die Milan Peschel daraus gemacht hat, sehr angefreundet, wie man den Produktionsnotizen des ZDF entnehmen kann. Das sollte ein Grund mehr für den Sender sein, darüber nachzudenken, ob es bei dem zunächst nur einen Danowski-Fall, der heute läuft, bleiben soll. Mit der Produzentin und Autorin Annette Reeker, die schon die Nele-Neuhaus-Verfilmungen und die Schwarzwald-Krimis ins Werk gesetzt hat, dem souveränen Regisseur Markus Imboden und der in sämtlichen Rollen überzeugenden Besetzung – Milan Peschel als „Columbo“-hafter Kommissar Danowski vornweg – sollte für den Montagskrimi des ZDF mehr drin sein.
Verschmerzen lässt sich dabei, dass die Handlung sich doch etwas arg absurd verknotet. Die Befehlsgeberin vom Beginn zum Beispiel sehen wir später wieder, wie sie sich als Vertreterin eines Unternehmens ausgibt, das die Polizei mit Bodycams ausrüstet. In Wahrheit arbeitet Tracy Harris (Isabella Parkinson) aber für die CIA. Und der Tote im Elbtunnel, Oliver Wiebusch (Peter Schneider), war auch nicht, wie seine Nachbarn zunächst sagen, die Seele der Neubausiedlung Fischbeck. Er überwachte sie alle, hielt sie alle unter seiner Fuchtel und hatte offenbar etwas Großes vor. Verbindungen hatte er auch zur Szene der „Urban Explorer“, die in Stadt und Land geheimnisvolle und verlassene Orte suchen und rätselhafte Zeichen hinterlassen – was dem Kameramann Martin Farkas die Gelegenheit gibt, eine Unterwelt von Hamburg zu zeigen, die wir so im Fernsehen noch nicht gesehen haben. Davon dürfte es bei Gelegenheit im ZDF gern mehr geben.
2019-12-09: WAZ.de
von Arnold Hohmann
Milan Peschel mimt in „Danowski – Blutapfel“ einen hypersensiblen Kommissar: Er muss einen Mord im Hamburger Elbtunnel aufklären.Nichts an diesem Film erinnert auch nur vage an die Machart, mit der das ZDF ansonsten seine Reihenkrimis ausstattet. Was schon mal damit beginnt, dass „Danowski – Blutapfel“ offensichtlich gar nicht der Beginn einer neuen Reihe sein soll. Zwar gibt es bereits fünf Romane um die Hauptfigur aus der Feder des Schriftstellers Till Raether. Aber schon dieser Film zeigt bereits, dass dem Zuschauer nichts geschenkt wird, dass er am Ball bleiben muss und möglicherweise am Ende trotzdem noch nicht alles durchschaut hat.
"Danowski": Milan Peschel ermittelt in neuem Krimi in Hamburg
Der für einen Polizeiermittler ungewöhnliche Hauptdarsteller ist gleichzeitig auch der Trumpf des ganzen Films. Den verschmitzten Milan Peschel als Kommissar in Hamburg zu erleben, das ist zweifellos ein Vergnügen für sich. Sind andere Ermittler fast immer nur auf den Fall konzentriert, so erlebt man hier einen Mann, der zwischen glücklicher Familie (Frau und zwei Kinder) und Beruf pendelt.
Im Polizeirevier muss er sich ständig gegen seinen Widersacher Behling (Felix Goeser) behaupten, der geradezu manisch in jedem Fall einen neuen Bandenkrieg wittert. Und dann ist da noch Danowskis komplizierte Krankheit: Er leidet unter gesteigerter Wahrnehmungsfähigkeit, einer Hypersensibilität gegenüber Umwelteindrücken.
Grimme-Preisträger Imboden führt mit sicherer Hand Regie
Anfangs möchte man fast meinen, dass die Drehbuchautorin Anna Tebbe sich ganz verlieren möchte in den zahlreichen Figuren. Zumal da auch noch mit Danowskis Partnerin Meta (Emily Cox) die einzig wirklich arbeitende Ermittlerin ins Spiel kommt. Und ganz zu schweigen von Danowskis Ex-Partner „Finzi“, (Andreas Döhler), der gerade seine Entziehungskur beendet hat. Doch der Schweizer Regisseur und Grimme-Preisträger Markus Imboden besitzt eine sichere Hand, mit der er die eigentliche Fall-Geschichte immer im Auge behält.
Im Elbtunnel wurde ein Mann ermordet, von dem alle Bekannten nur das Beste zu erzählen haben. Er lebte in einer Siedlung, in der er anscheinend so etwas wie die Seele der Anlage gewesen sein soll. Was aber gar nicht zu dem passen will, was Danowski schließlich hinter den Wänden des Hauses entdeckt. Immerhin kommt auch „Urban Exploration“ ins Spiel, moderne Abenteurer sind auf der Suche nach ungewöhnlichen Orten. So ungewöhnlich, dass selbst die Ermittler in die Röhren des Elbtunnels abtauchen.
Man schaut gerne zu bei diesem Film, in dem vor allem dank Milan Peschel immer auch eine gewisse Leichtigkeit zu verspüren ist. Die aber endet immer dann, wenn eine seltsame Amerikanerin auftaucht, von der man aus anfänglichen dunklen Bildern weiß, dass sie völlig skrupellos agieren kann. Dass am Ende auch noch der Bundesnachrichtendienst und die amerikanische CIA bemüht werden müssen, ist denn doch ein wenig zu viel. Das kann in diesen Ausmaßen ein eher gemütlicher Krimi aus Hamburg kaum noch stemmen.
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2019: ZDF
Statement von Romanautor Till Raether
Schwer zu beschreiben, wie es ist, wenn man als Autor zum ersten Mal seinen eigenen Figuren gegenübersteht. Mit einer Mischung aus Vorfreude, Ungläubigkeit und Furcht, vielleicht? Ich habe das voriges Jahr bei den Dreharbeiten zu "Danowski – Blutapfel" erlebt. Furcht, weil man ja nicht weiß, wie andere sehen, was man bisher nur im eigenen Kopf gesehen hat. Aber es war ein absolutes Aha-Erlebnis: die liebevolle, einfallsreiche Inszenierung am Originalschauplatz, und dann der Kommissar, den ich mir doch eigentlich nur ausgedacht hatte, und der mir nun gegenüberstand.Von Milan Peschel als Danowski war ich begeistert, sobald ich das erste Mal von dieser Besetzungsidee hörte, und als ich ihn bei der Arbeit am Drehort sah, wusste ich, warum: Er hat seinen eigenen Danowski geschaffen, der viel Ähnlichkeit mit meinem hat und der doch eine original Peschel-Neuerfindung ist, sodass es diese Figur, die ich sehr mag, nun zweimal gibt. Und das trifft genauso zu auf die Arbeit von Emily Cox, Andreas Döhler, Felix Goeser, Bettina Stucky und den anderen. Und darauf, was die Drehbuchautorin Anna Tebbe aus meiner Geschichte und Markus Imboden aus den Bildern gemacht hat, die ich mir bisher ja nur vorgestellt hatte: Ich liebe den Witz und die Melancholie, die Zuversicht und das Düstere, Bedrohliche dieses Films. Eine Stimmung und Atmosphäre, die ich auch in meinem Kriminalroman einzufangen versucht habe. Aber jetzt ist all das auf ganz neue Weise in der Welt und nicht mehr nur in meinem Kopf, und das ist fantastisch.
Vor einer Weile habe ich "Danowski – Blutapfel" mit meiner Frau und meinem ältesten Freund gesehen, nach dem Motto: Helft mir mal zu schauen, was die da angestellt haben. Nach spätestens fünf Minuten waren wir so drin, so unterhalten und eingefangen, dass ich vergaß: Es sind meine eigenen Figuren, mit denen ich hier mitfiebere und lache. Und schöner geht's nicht.